News | 16-06-2019

Bling-Bling

Kristalle schmücken nicht nur Verlobungsringe - ohne sie gäbe es auch weder Smartphone noch Solarzellen

Verschiedene am IKZ gezüchtete Halbleiter-Einkristalle (Silizium, Germanium, Silizium/Germanium und Galliumarsenid) Foto: Moritz Thau © IKZ

Sie glitzern und funkeln und sind unheimlich selten. Sie stehen für Reichtum, Macht und Unvergänglichkeit. Manchmal werden ihnen sogar magische Kräfte nachgesagt. Diamanten, Rubine, Saphire und Smaragde verleiten Menschen zu halsbrecherischen Klettertouren auf Berggipfel hinauf oder in Höhlen hinein, in der Hoffnung, irgendwo im Gestein einen Schatz zu finden. Denn dort, wo einst Vulkane wüteten, wurden die Steine, die für uns so viel mehr als nur Steine sind, in den Erdschichten an die Oberfläche getragen.

Rein naturwissenschaftlich betrachtet, sind Edelsteine nichts anderes als Minerale, die in der Erdkruste stecken. Sie haben sich unter besonderen Bedingungen gebildet. Durch Druck, Temperatur, Zeit. Und im Zusammenspiel mit bestimmten Elementen. Anders als das Gestein bestehen Minerale aber nur aus einem einzelnen chemischen Element oder einer einzelnen chemischen Verbindung. Diamanten etwa sind reiner Kohlenstoff. Smaragde bestehen aus Beryll. Rubine und Saphire aus Aluminiumoxid, das durch Spuren von Chrom, Eisen und Titan gefärbt wurde.

Unser Interesse wecken die Minerale dann, wenn sie in besonders faszinierenden Farben oder durchsichtig aus dem Gestein wachsen. Oder sagen wir: wenn sie sich herauskristallisieren. Fast alle Feststoffe kommen nämlich auch in kristalliner Form vor. Das bedeutet, dass die Atome in schöner Regelmäßigkeit und mit einheitlicher Struktur angeordnet sind. Ihre flächige, kantige, in festen Winkeln zueinander stehende Struktur wirkt künstlich und natürlich zugleich. Die Reinheit und Perfektion von Kristallen faszinieren uns, selbst die der kleinsten, in Salzkörnern oder Schneeflocken etwa.

Für manche Zwecke sind sie dennoch nicht perfekt genug. Die Kristallzüchter im Institut für Kristallzüchtung in Berlin zum Beispiel züchten Kristalle, deren atomare Struktur so einheitlich und regelmäßig brilliert, wie sie in der Natur niemals vorkommen würde. Die glatten bis leicht geriffelten metallischen Zapfen und Säulen sind teils zentnerschwer und bis zu zwei Meter lang. Sonderlich verführerisch sehen diese Kristalle zwar nicht aus, und sie sind auch nicht gerade selten, doch ohne ihre Eigenschaften wäre unsere hochtechnisierte Welt eine völlig andere.

„Kein Smartphone, kein Computer, keine Sensoren, Detektoren und Solarzellen ohne Kristalle“, ruft Torsten Boeck. Der Experte für Schichten und Nanostrukturen steht in der sterilen Züchtungshalle, wo man weiße Kittel und blaue Plastiktüten mit Gummibund als Überschuhe trägt. Boecks Stimme wird vom Rauschen der Großrechner fortgespült, die im bunten Kabelgewirr mit glänzenden Stahlkammern verbunden sind. Messgeräte und Steuerungseinheiten blinken grün und rot, Piktogramme an den Wänden warnen vor so ziemlich allem.

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Erschienen: taz Sachkunde von Philipp Brandstädter

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