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News | 01-08-2020

Wenn Kristallzüchtung auf Mathematik trifft

Wer denkt, Mathematik und die Züchtung von Volumenkristallen lässt sich nicht vereinbaren, der irrt. Bereits seit Januar 2020 arbeitet das IKZ im Rahmen einer Kooperation eng mit dem Exzellenzcluster MATH+ zusammen mit dem Ziel, neue Perspektiven für das Zusammenspiel der Mathematik mit anderen wissenschaftlichen Disziplinen zu eröffnen.

Simulierte Ladungsträgerverteilung aufgrund von Verunreinigungen

Mit einem sogenannten "Incubator"-Projekt begann das IKZ zu Beginn des Jahres die angestrebte mehrjährige Zusammenarbeit mit dem Cluster MATH+. "Incubator"-Projekte, in diesem Zusammenhang, sind einjährige Projekte zwischen Berliner Mathematikern und Partnern aus anderen wissenschaftlichen Disziplinen.

Das aktuelle WIAS-IKZ Projekt „IN-B3 - Understanding doping variations in silicon crystals“, welches am Weierstraß-Instituts für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS) angesiedelt ist, beschäftigt sich mit der Frage, wie es möglich ist, Dotierungsinhomogenitäten auszumachen. Denn dies ist für die Verbesserung der Kristallzüchtung von größter Bedeutung. Um das herauszufinden, kann mittels des optoelektrischen Messverfahrens „Laterale Photospannungsabtastmethode“ (LPS) der Halbleiterkristall mit einem Laser angeregt werden, wodurch an den Probenrändern eine Spannungsdifferenz erzeugt wird, die proportional zur lokalen Dotierungsänderung ist. Projektziel ist es, einen digitalen Zwilling aus der LPS-Methode zu machen. Dabei wird der unflexible, kommerzielle Blackbox-Code durch das Open-Source-Software-Tool ddfermi ersetzt. Mit der neuen Simulationsstrategie konnten bereits alle drei theoretischen Ergebnisse von Tauc [1] qualitativ reproduziert werden. Die jüngsten Projektergebnisse werden auf der Konferenz NUSOD 2020 (20th International Conference on Numerical Simulation of Optoelectronic Devices) vom 14. – 18. September 2020 in Turin, Italien, vorgestellt.

Die Forschungslust in diesem Bereich ist groß. So wurde bereits der nächste Projektvorschlag mit dem Titel “Physics-informed and data-driven doping reconstruction in crystals” eingereicht. Inhalt des Projektes ist es, künstliche neuronale Netze und geeignete Optimierungstechniken zu verwenden, um Verunreinigungsverteilungen in Kristallen zu verstehen. Im Falle einer Bewilligung startet das Projekt voraussichtlich Anfang 2021.

Das Berliner Mathematik-Forschungszentrum - "MATH+ - ist ein institutionenübergreifender und interdisziplinärer Exzellenzcluster. Ziel des Clusters ist es, neue Ansätze in der anwendungsorientierten Mathematik zu erforschen und weiterzuentwickeln. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf mathematischen Grundlagen für die Nutzung immer größerer Datenmengen in den Lebens- und Materialwissenschaften, in der Energie- und Netzwerkforschung sowie in den Geistes- und Sozialwissenschaften.

Das Existenzcluster MATH+ wird seit Januar 2019 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Die aktuelle Förderdauer beträgt sieben Jahre. MATH+ ist ein Verbund der Freien Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Technischen Universität Berlin, des Weierstraß-Instituts für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS) sowie des Zuse-Instituts Berlin (ZIB).

 

[1]  J. Tauc, “The Theory of a Bulk Photovoltaic Phenomenon in Semiconductors,” Czech J Phy, vol. 5, pp. 178– 191, 1955.

 

Weitere Informationen:
Natascha Dropka
Sektion Fundamentale Beschreibung