Oxidschichten bieten gegenüber Volumenkristallen und Keramiken neue Anwendungsmöglichkeiten als elektrisch aktiver Teil eines Bauelements. Durch den Einbau von Dotierungen sowie Gitterverspannungen ist eine gezielte Anpassung ihrer funktionellen Eigenschaften an gegebene Anforderungen möglich. Kleinere Bauelementstrukturen durch Verwendung dünner epitaktischer Schichten ermöglichen nicht nur Materialeinsparungen, sondern erlauben auch verbesserte Deviceparameter wie höhere Prozessorgeschwindigkeiten und Frequenzen für Filter oder Sensoren. Mit Hilfe von „Remote Epitaxie“ oder Opferschichten können außerdem freitragende Oxidschichten realisiert werden. Diese Schichten können dann zu neuartigen Oxid-Heterostrukturen zusammengefügt werden, die mit herkömmlichen Wachstumsmethoden aufgrund der Unvereinbarkeit von Wachstumsbedingungen (beispielsweise unterschiedliche Gitterparameter oder Symmetrien) nicht hergestellt werden können. Unsere Mission ist es durch Prozessentwicklung einkristalline Oxidschichten mit optimierten, auf die Anwendung zugeschnittenen Eigenschaften, herzustellen.
Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt auf der Abscheidung von Oxidschichten mit maßgeschneiderten halbleitenden, dielektrischen oder ferro-/piezoelektrischen Eigenschaften. Dazu stehen am IKZ die Abscheidemethoden der metall-organischen Gasphasenepitaxie (MOVPE) und die gepulste Laserdeposition (PLD) zur Verfügung. Unsere Aktivitäten umfassen Oxidschichten mit Schichtdicken zwischen wenigen Nanometern und mehreren Mikrometern mit einem großen Anwendungspotential im Bereich der Hochleistungselektronik, ferroelektrische Speicher-Bauelemente, piezoelektrischen Sensoren und Energiewandler.
Die moderne Gesellschaft stützt sich auf eine Vielzahl elektrischer und elektronischer Systeme. Dafür muss elektrische Energie möglichst effizient umgewandelt werden. Das Materialsystem β-Ga2O3 hat aufgrund seines hohen Bandabstandes von ca. 4.8 eV und der daraus theoretisch resultierenden hohen Durchbruchfeldstärke die besten Voraussetzungen im Hochleistungssektor das Material der nächsten Generation zu werden. Unsere Mission ist es daher, durch Prozessentwicklung die vorausgesagten Materialeigenschaften zu erreichen um β-Ga2O3 den Weg in die Leistungselektronik zu ebnen.
Für die β-Ga2O3 MOVPE Prozessentwicklung liegt der Schwerpunkt auf der Untersuchung der Auswirkungen der Wachstumsparameter und der Art der Dotierung auf die elektrischen Eigenschaften der Schichten. Ein weiterer Schwerpunkt ist das homoepitaktische Wachstum auf unterschiedlich orientierten Substraten und dessen Einflusses auf die Erzeugung von Kristalldefekten. Hinzu kommen Untersuchungen zur Erhöhung der Wachstumsrate in Korrelation zur Schichtqualität. Zukünftig sind auch Legierungen des Materials mit Aluminium geplant um die positiven Eigenschaften von β-Ga2O3 sogar noch weiter zu verbessern.
Angebot: Galliumoxid-Substrate und -Epi-Layer
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S. Bin Anooz, R. Grüneberg, C. Wouters, R. Schewski, M. Albrecht, A. Fiedler, K. Irmscher, Z. Galazka, W. Miller, G. Wagner, J. Schwarzkopf and A. Popp
Step flow growth of β-Ga2O3 thin films on vicinal (100) β-Ga2O3 substrates grown by MOVPE
Appl. Phys. Lett.116, 182106 (2020)
DOI: 10.1063/5.0005403
T.-S. Chou, P. Seyidov, S. Bin Anooz, R. Grüneberg, J. Rehm, T.T.V. Tran, A. Fiedler, Z. Galazka, M. Albrecht, and A. Popp
High-mobility 4 μm MOVPE-grown (100) β-Ga2O3 film by parasitic particles suppression
Jpn. J. Appl. Phys. 62, SF1004 (2023). [Spotlight Article]
DOI: 10.35848/1347-4065/acb360
T.-S. Chou, P. Seyidov, S. Bin Anooz, R. Grüneberg, M. Pietsch, J. Rehm, T.T.V. Tran, K. Tetzner, Z. Galazka, M. Albrecht, K. Irmscher, A. Fiedler, and A. Popp
Suppression of particle formation by gas-phase pre-reactions in (100) MOVPE-grown β-Ga2O3 films for vertical device application
Appl. Phys. Lett. 122, 052102 (2023).
DOI: 10.1063/5.0133589
Funktionelle Oxidschichten mit Perowskitstruktur weisen abhängig von ihrer chemischen Zusammensetzung und Struktur eine Vielzahl von funktionellen Eigenschaften auf. Im Gegensatz zu Volumenkristallen gibt es in epitaktischen Schichten zusätzliche Freiheitsgrade um die Materialeigenschaften gezielt zu verändern und neue Technologien zu entwickeln. Dazu gehören der Einbau einer Gitterverspannung (Strain Engineering durch Heteroepitaxie) oder das gezielte Einbringen von Defekten (Defect Engineering). Unsere Mission ist es erfolgversprechende Materialien mit Perowskitstruktur, wie das bleifreie, ferro-/piezoelektrische Material Kalium-Natrium-Niobat ((K,Na)NbO3) oder das dielektrische Strontium-Titanat (SrTiO3), in Dünnschichtform für potentielle Anwendungen, z.B. hochsensitive Sensoren oder neuromorphes Computing, zur Verfügung zu stellen.
In enger Zusammenarbeit mit den Sektionen „Oxide & Fluoride“ und „Experimentelle Charakterisierung“ wachsen wir als weltweit einzige Gruppe (K,Na)NbO3 und SrTiO3 basierte Schichten mit der Methode der metall-organischen Gasphasenepitaxie (MOVPE). Durch den Einbau einer Gitterverspannung oder einer off-Stöchiometrie werden Materialeigenschaften (wie piezoelektrische Konstanten, Phasenübergangstemperatur, dielektrische Permittivität) gezielt modifiziert. Insbesondere die Filmcharakterisierung mittels Rastersondenmikroskopie-Techniken, wie Piezokraftmikroskopie (PFM) und Leitfähigkeits-Rasterkraftmikroskopie (CAFM), gibt Einblicke in die ferroelektrische Domänenbildung und elektrische Eigenschaften auf der Nanometerskala.
Leonard von Helden, Laura Bogula, Pierre-Eymeric Janolin, Michael Hanke, Tobias Breuer, Martin Schmidbauer, Steffen Ganschow, and Jutta Schwarzkopf,
Huge impact of compressive strain on phase transition temperatures in epitaxial ferroelectric KxNa1-xNbO3 thin films
Appl. Phys. Lett. 114, 232905 (2019)
DOI: 10.1063/1.5094405
Dorothee Braun, Martin Schmidbauer, Michael Hanke and Jutta Schwarzkopf
Hierarchy and scaling behavior of multi-rank domain patterns in ferroelectric K0.9Na0.1NbO3 strained films
Nanotechnology 29, 015701 (2018)
DOI: 10.1088/1361-6528/aa98a4
Jutta Schwarzkopf, Dorothee Braun, Michael Hanke, Reinhard Uecker and Martin Schmidbauer
Strain engineering of ferroelectric domains in KxNa1-xNbO3 epitaxial layers
Front. Mater. 4, 26 (2017)
DOI: 10.3389/fmats.2017.00026
Alternativ zum Strain Engineering durch heteroepitaktisches Filmwachstum auf gitterfehlangepassten Substraten können lokale Gitterverspannungen und Verspannungsgradienten auf der Nanometerskala durch die Bildung künstlicher „Verdrehungsgrenzen“ in dünnen Oxidfilmen erzeugt werden. Dies wird durch den Transfer eines freistehenden ultradünnen Oxidfilms auf einem Einkristallsubstrat oder einer anderen epitaktischen Oxidschicht mit einem kontrollierten Verdrehungswinkel erreicht. Unser Ziel ist es, die Auswirkungen des so erzeugten Versetzungsnetzwerks auf die dielektrischen und ferroelektrischen Eigenschaften dünner komplexer Oxide zu erforschen.
Um freistehende nanometerdünne Oxidschichten zu erzeugen wird das Konzept der Opferschicht (Sacrificial Layer), hergestellt mit Hilfe der gepulsten Laserdepositionstechnik (PLD), und dem Überwachsen der funktionellen Oxidschicht durch PLD oder MOVPE angewandt. Der Schichttransfer erfolgt mit unserer neu entwickelten Layer-Transferstation, die unter Hochvakuumbedingungen arbeitet (siehe Abschnitt "Nanostrukturen"). Wir wenden Rastersondenverfahren an um grundlegende Erkenntnisse über die Domänenbildung nach dem anschließenden Bonden auf einem neuen Substrat oder nach dem Anlegen einer externen Spannung zu gewinnen.